#BlogKritik: rot steht uns gut

Kategorie(n): Alltägliches, Politik, Wahlkampf

Er ist das sozialdemokratische Schnellfeuergewehr mit Präzessionsobjektiv und einem Händchen für den richtigen Tweet zur richtigen Zeit. Christian Soeder ist – so sagte es mir mal eine Mitarbeiterin aus dem Willy-Brandt-Haus – ein Glücksfall für die SPD. Aber er ist auch ein Glücksfall für das politische Netz und die digitale Debattenkultur allgemein.

Screenshot rotstehtunsgutWarum? Er ist das, was man landläufig einen „Aktivisten“ nennt. Und wenn irgendwo mal der „digitale Aktivist“ beschrieben werden sollte, müsste eigentlich ein Bild von Christian dargestellt werden. Fast 80.000 Tweets (!) und rund 3.700 Follower auf Twitter sind für einen Nicht-Berufspolitiker beeindruckende Werte.

Wenn ein Tweet mal nicht ausreicht oder ein Gedanke weitergeführt werden will, greift Christian zum Blog. Und mit „rot steht uns gut“ gehört er zu denen, die man in der Kategorie „Vorbild“ definitiv weit nach oben schieben muss. Er hantiert mit spitzer Klinge, wenn er ein Zitat von Sarah Wagenknecht gegen einen Text über den Nationalbolschewismus der Weimarer Zeit stellt und entlarvt die AfD als Partei der Beamten und Professoren.

Christian nimmt sich auch Leute zur digitalen Brust, die eigentlich im gleichen Lager unterwegs sind, wenn er Kritisierungswürdiges entdeckt. Zögert jedoch ebenfalls keinen Moment, um verzweifelnde GenossInnen in den digitalen Arm zu nehmen, wenn die mal die Nase voll haben. Er bloggt Praktisches wie die handgemachten FAQs zum Antragsverfahren beim SPD-Bundesparteitag und springt Peter Altmaier bei, wenn der sich via Twitter gegen eine verdrehte Berichterstattung wehrt.

Christian ist nicht zimperlich. Wenn ihm etwas nicht passt, zeigt er das deutlich. Besonders wenn etwas ins Rutschen gerät, dem er eigentlich wohlgesonnen ist. Zum Beispiel der Feminismus und dessen gelebte Realität beim AutorInnenkollektiv „Mädchenmannschaft”:

Mittlerweile bleibt mir das Lachen aber im Halse stecken. Der aktuelle Anlass: Ein Beitrag bei der „Mädchenmannschaft”. Der geht ungefähr so: „Es ist falsch bzw. bringt nicht viel, sich für die Öffnung der Ehe einzusetzen, weil die eigentlichen Probleme viel grundlegender sind. Ihr habt es nicht verstanden und habt keine Ahnung.”

Auf Twitter wurde dieser Beitrag dann von einigen RadikalfeministInnen zum Anlass genommen, das Ganze weiterzustricken; dabei kam heraus, dass Heteropaaare einfach mal „nicht knutschen sollen”, also sie auf ihr sog. „Knuschprivileg” verzichten sollten, weil das nämlich schlimm für Homosexuelle sei. Überhaupt sei es auch schlimm, wenn ein Paar in Anwesenheit von Singles Händchen hält, das sei nämlich unangenehm.

Äh. Geht’s noch?

Feminismus, der mit Prüderie und Lustfeindlichkeit zu tun hat, ist ganz sicher nicht mein Feminismus. Feminismus soll laut sein und bunt und Freude bereiten, er soll nicht daherkommen wie das Pendant zu einer Kompanie calvinistischer Pfarrer.

Feminismus, der darauf hinaus läuft, sich in das Privatleben anderer einzumischen (und nichts anderes ist dümmliches Gefasel von einem sog. „Knuschprivileg”), hat mit progressiven Gedanken nichts, aber auch gar nichts zu tun. Lustfeindlichkeit ist Menschenfeindlichkeit.

Christian Soeder ist Sozialdemokrat aus tiefster Überzeugung. Das trennt uns. Trotz dieses kleinen „Fehlers“ schätze ich ihn sehr. Dieses Internet – und gerade das politische Netz – wäre ein ganzes Stück langweiliger und weniger spannend, wenn er nicht das tun würde, was er macht. Folgt ihm! Lest ihn! Streitet mit ihm! Es lohnt.

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