Das Schneekind – Eine Vorweihnachtsgeschichte

Das Schneekind (1999)Es war vor vielen Jahren ganz weit im Norden – in der Nähe des Polarkreises. Dort war es sehr kalt und alle Menschen trugen stets dicke Wintersachen. Zu Beginn der Adventszeit, als schon sehr viel Schnee lag, ging ein kleines Kind, das mit einem weißen Mantel und einer hellen Mütze bekleidet war, in die Kirche und fragte den Pfarrer: “Warum muss ich immer so dicke Sachen tragen, wenn es Weihnacht wird? Ist das überall auf der Welt so?“ Der Pfarrer sagte: „Nein, wenn du nach Süden gehst, und immer weiter nach Süden, dann wird es immer wärmer. Wenn du weiter gehst, wirst du Menschen treffen die Weihnachten in T-Shirts und Badehose feiern. Weil es bei ihnen so warm ist, dass sie keine Wintersachen brauchen.“ „Ist das schöner als bei uns?“, fragte das Kind. „Das weiß ich nicht. Das wissen nur die Menschen die dort leben.“, sagte der Pfarrer. „Wenn du das wissen willst, musst du die Leute dort fragen.“

Daraufhin machte sich das Kind aus seiner verschneiten Stadt ganz weit im Norden auf, gen Süden zu gehen, um ein anderes Weihnachtsfest zu finden. Ein Weihnachtsfest im Regen oder eins unter Palmen mit sommerlichen Temperaturen.

Nachdem das Kind eine Weile gegangen war, kam es in eine Stadt die an einen Fluss gebaut war. In dieser Stadt regnete es den ganzen Tag. Das Schneekind, so wurde es genannt weil es Kleidung trug die so weiß wie Schnee war, fragte einen Jungen mit roten Haaren, der sich unter seinem Regenschirm versteckte: „Regnet es hier auch zu Weihnachten?“ „Ja.“, sagte der Junge: „Doch darum geht es nicht an Weihnachten.“ „Um was geht es dann?“, fragt das Schneekind. „Das musst du selbst herausfinden.“, sagte der Junge und stieg zu seiner Mutter ins Auto, um nach Hause zu fahren.

Das Schneekind ging weiter nach Süden und kam in eine sehr große Stadt. Es war vom langen Laufen ganz hungrig geworden und fragte ein Mädchen nach etwas zu Essen. Sie gab ihm ein Stück von ihrem langen weißen Brötchen und fragte: „Warum trägst du einen so dicken Mantel. So kalt ist es doch gar nicht.“ „Weil bald Weihnachten ist und weil es schneit und Schnee ist kalt.“, sagte das Schneekind. Darauf sagte das Mädchen: „Bei uns schneit es sehr selten, doch das stört mich nicht, denn Weihnachten kann auch ohne Schnee sehr schön sein.“ „Warum?“, fragte das Schneekind, doch das Mädchen war mit ihrem Vater schon weiter gegangen.

Als das Schneekind dann weiter ging, kam es an einen langen Strand. Überall liefen Menschen in Badehosen herum und viele lagen auf ihren Decken und sonnten sich. Die Sonne strahlte so stark, dass dem Schneekind in seinem Mantel ganz warm wurde.

Ein Junge kam auf das Schneekind zu, weil sein Ball in die Richtung geflogen war. Seine Haut war von der Sonne schon ganz braun geworden. Er schaute das Schneekind ganz entsetzt an und fragte: „Was hast du denn für Sachen an?“ „Das sind Wintersachen“, sagte das Kind „die halten dich warm wenn im Winter der Schnee kommt.“ „Was ist Schnee?“, fragte der Junge und das Schneekind sagte erstaunt: „Du weißt nicht was Schnee ist? Dann kannst du doch gar nicht Weihnachten feiern.“ „Aber an Weihnachten geht’s doch nicht ums Wetter.“, sagte der Junge. „Worum geht es dann?“, fragte das Schneekind. „Es geht um die Familie. Dass man mit den Menschen zusammen ist, die man mag und dass man alle Streitigkeiten vergisst und es einfach nur genießt mit der Familie zu singen und Spaß zu haben“, sagte der kleine Junge. Dann nahm er seinen Ball und ging wieder spielen.

Daraufhin drehte das Schneekind um und ging wieder den langen Weg zurück in seine Stadt ganz weit im Norden. Als es dort ankam, war es schon fast Weihnachten. Das Kind ging wieder zum Pfarrer und erzählte ihm von den Dingen die es auf der Reise erlebt hatte und die ihm der kleine Junge am Strand gesagt hatte. Dann ging das Schneekind nach Hause um mit seinen Eltern und Geschwistern auf Weihnachten zu warten.

Das Schneekind in der NaturDraußen war schon sehr viel Schnee gefallen und alle Kinder in der Nachbarschaft fuhren mit ihren Schlitten oder bauten große und kleine Schneemänner. Das Schneekind aber kramte seinen Wasserball aus der Spielkiste, mit dem es immer im Sommer am See spielte, pustete ihn auf und legte ihn neben den Adventsschmuck auf die Kommode. Ab jetzt war auch der bunte Ball ein Stück Weihnachten.

 

Ende

 

 

Nachtrag: Dieses kurze Märchen entstand im Dezember 1999 und wurde im Januar 2013 für eine Blogparade leicht überarbeitet.

Ein Gedanke zu „Das Schneekind – Eine Vorweihnachtsgeschichte

  1. Mechtild

    Aktueller denn je….ein Beitrag zu mehr Toleranz und Mitmenschlichkeit bis hin zum Frieden für alle Menschen dieser Erde.

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