Archiv für den Monat: Januar 2011

9 km Brandenburg – Im toten Winkel Berlins

Wir fuhren auf den Berliner Ring und machten uns auf den Heimweg. Die Sonne brach am ersten Sonntag des Jahres durch die Wolkendecke, blendete zuerst, bevor ihr Licht wärmte und erfreute. „Wollen wir über Land fahren?“ fragte ich und wurde bestätigt. Also nahmen wir die nächste Abfahrt und machten unseren Weg nicht mehr von Straßenschildern, sondern von der Himmelsrichtung abhängig.

An diese hielten wir uns: Osten. Jedenfalls grob. Durchfuhren Altlandsberg mit seiner wunderschönen Altstadt, den Bürgerhäusern und der Stadtmauer, machten einen Bogen um Strausberg – da können wir nach dem Winter auch wieder mit der S-Bahn hinfahren – und zielten ins Navi-Niemansland. Plötzlich tauchte ein Ort auf, dem ich mich seltsam verbunden fühlte: Garzau. Also bogen wir ab und fanden Wege vor, an denen das Tauwetter der vergangenen Tag weitgehend vorbei gegangen war.

Feldsteinhäuser reihten sich aneinander, die Straße verließ die asphaltierte Norm und ergab sich ihrer stolpersteinigen Vergangenheit. Dass diese Piste aber seit 1999 ein EU-Radwanderweg sein soll, ist ein Kuriosum erster Ordnung. Sei es drum. Die 9 km zwischen L(andstraße)233 (ab Garzau-Garzin) bis zur L35 (kurz vor Waldsieversdorf) waren das schönste Stück Landstraße, das ich seit langem sehen durfte. Grazau-Garzin und Liebenhof, ein Flecken in dem es immerhin eine Sternwarte gibt, sind kleine und sympatisch verschlafene Örtchen im toten Winkel Berlins.

Nach dem Buch von Dieter Moor suchen ja immer wieder urbane Menschen nach einem Ort der Stille, der aber dann irgendwie doch nicht so weit weg sein sollte von Berlin, wie zum Beispiel der Uecker-Randow-Kreis in Vorpommern. Aber Landleben, Ruhe und Tiere sollten schon da sein. Zwischen L233 und L35 sind solche Orte zu finden. An Tagen wie heute ist die Stimmung, die von der untergehenden Sonne in die Landschaft gemalt wird, schlichtweg unbeschreiblich. Hier gilt das einfache Kredo: Hinsehen entspannt und Genießen macht glücklich.

Vielleicht kommen wir im Sommer nochmal wieder und erkunden die Gegend mit dem Rad. Auf jeden Fall war die heutige Landpartie jeden Meter wert.

P.s. Das Bild ist schon ein paar Tage älter, hätte aber auch so oder ähnlich heute entstehen können. Tatsächlich stammt es aus dem wunderschönen Etzdorf in Thüringen.

Neues Jahr, neues Glück? Kleist vielleicht…

MTV ist weg (ich vermisse es schon), VIVA hat ein neues Logo (schon wieder) und ich versuche mich nun auch privat mal an Windows7. Ja, im neuen Jahr möchte ich mich Stück für Stück von XP entwöhnen und starte meine ganz eigene technische Aufholjagd.

Aber was kommt noch in 2011?

Das kulturelle Deutschland wird irgendwie „feiern„, dass Heinrich von Kleist sich vor 200 Jahren selbst getötet hat. Kann man das feiern oder sollte man lieber einmal mehr darüber nachdenken, warum er im Herbst 1811 diesen Schritt wählte? Es wird Festspiele geben, man wird sich gegenseitig versicheren, dass der gute Heinrich ein ganz armer Tropf war und sich am Ende verwundert darüber zeigen, dass er sich mit Anfang 30 selbst die Pistole in den Mund steckte.

Soll man das wirklich mit einem „Kleist-Jahr“ feiern? Ich denke nicht.

Aber wir brauchen halt auch mal wieder einen kulturellen Höhepunkt. Und bevor in diesem Jahr gar nichts passiert, nimmt man sich halt Heinrich von Kleist vor, hebt ihn auf den Schild der Kulturnation und verkennt, dass noch heute viel zu viele Kleists an den selben Problemen verzweifeln, wie Heinrich vor 200 Jahren.